Im Rahmen der Novellierung des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung Reduktionsziele der Treibhausgas-Emissionen festgeschrieben. Anhand dieser Ziele wird mit Hilfe eines Zukunftsszenarios die Transformation aller Sektoren aufgezeigt. Dabei setzt die Modellierung für die Erreichung auf vier Säulen: Hohes Ambitionsniveau beim Ausbau der Energieeffizienz, umfassende direkte Nutzung von erneuerbaren Energien, breiter Einsatz von Powerfuels und Erschließung natürlicher und technischer CO2-Senken. Aufgrund dessen werden abschließend Handlungsempfehlungen für die kommende Legislaturperiode abgegeben, sodass die Transformation hin zu der Klimaneutralität im Jahr 2045 gelingen kann.
Die wichtigsten Thesen:
- Im Bereich der Erhöhung der Energieeffizienz ist der Industrie- und Gebäudesektor am stärksten involviert. Die Gebäudesanierungsrate muss ab sofort jährlich um 0,1 % auf bis zu 1,9 % steigen. Durch Effizienzgewinne und Prozessumstellungen kann die Industrie den Energiebedarf bis zum Jahr 2030 um 21 % verringern. Im Zuge des Umstiegs auf die Elektromobilität im Verkehrssektor steigert sich die Energieeffizienz dort von allein.
- Um die erneuerbaren Energien direkter zu verwenden ist eine breite und deutliche Elektrifizierung und die Energieeffizienzsteigerung Grundlage, sodass der steigende Strombedarf gedeckt werden kann. Im Jahr 2030 umfasst der Bruttostrombedarf bereits 698 TWh und steigt weiterhin bis 2045 auf 910 TWh. Die zentralen Treiber sind neben der Elektromobilität, der Ausbau von Wärmepumpen und die Elektrifizierung der Prozesse in der Industrie.
- Im Zuge der Entwicklungen steigt der Bedarf an Wasserstoff und weiteren Powerfuels stetig an. So werden bereits im Jahr 2030 70 TWh und im Jahr 2045 226 TWh benötigt. Des Weiteren wird durch die Rückverstromung 130 TWh und durch nicht-elektrifizierbare Industrieprozesse 105 TWh eingesetzt. Der hohe Bedarf kann dabei nicht nur durch die inländische Produktion gesättigt werden, weshalb Deutschland auch nach 2045 ein Energieimportland bleibt.
- Die Maßnahmen zur Treibhausgasminimierung reichen nicht aus, um die Klimaneutralität zu erreichen, da weiterhin unvermeidbare Prozess- oder Residualemissionen auftreten werden. Es braucht demzufolge Strategien zur CO2-Abscheidung und aktiven Entnahme. Dies geschieht sowohl durch technische Verfahren mittels CCU/S (Carbon Capture and Utilization bzw. Carbon Capture and Storage), als auch über natürliche Senken im LULUCF-Sektor (Land Use, Land Use Change and Forestry). Im Jahr 2030 müssen bereits 2 Mio. Tonnen mittels CCU/S aufgenommen werden und der Bedarf steigt bis zum Jahr 2045 auf 17 Mio. Tonnen an. Weitere 12 Mio. Tonnen werden durch grünes Methanol und Naphtha absorbiert. Zuletzt ist der Ausbau und Schutz der natürlichen Senken notwendig, um die letztendliche Klimaneutralität zu erreichen.
Einordnung durch Janis Kaltschnee (Senior Consultant, E-Bridge Consulting)
Nachdem das Elektrifizierungs- sowie das Technologiemixszenario der dena-Leitstudie 2018 wichtige Anknüpfungspunkte für zahlreiche Zukunftsszenarien darstellten, werden diese nun durch das Hauptszenario „Klimaneutralität 2045“ abgelöst. Die neue dena-Leitstudie bildet aktuelle Rahmenbedingungen des Energiesystems ab und berücksichtigt gleichzeitig die Einschätzung weiter Teile der Energiebranche. Mit der Abbildung des Branchenbildes hebt sich die dena-Leitstudie von vergleichbaren Studien ab und gibt sowohl für politische als auch für wissenschaftliche Analysen neue bedeutende Anknüpfungspunkte.
Das Hauptszenario spiegelt eine „best guess“-Entwicklung des Energiesystems wider. Gerade in Hinblick auf den viel diskutierten Wärmesektor werden so wertvolle Indikationen gewonnen. Gehen manche Studien noch von einer flächendecken Elektrifizierung oder vom Einsatz enormer Mengen synthetischer Energieträger in dem Bereich aus, unterstellt die Leistudie einen ausgewogenen Technologiemix und einen zielgerichteten Einsatz synthetischer Energieträger.
Die Ergebnisse der ganzheitlichen Modellierung stellen auch für E-Bridge wertvolle Anknüpfungspunkte in ihren eigenen Studien dar. Die Entwicklung plausibler und konsistenter Zukunftsszenarien bildet dabei die Basis für Unternehmensbewertungen sowie für Investitions- und Handelsstrategien. Die Ergänzung eigener Szenarien, bei denen auch Extremsituationen abgebildet werden, ermöglichen wiederum die Herleitung robuster Markteinschätzungen.