Der geplante Ausbau an erneuerbaren Energien (EE) und lastseitigen Flexibilitäten ist beispiellos und erfolgt in rasantem Tempo. Da Netzausbau deutlich komplexer und langwieriger als die standortbezogene Planung von EE-Anlagen ist, wird der zwingend notwendige Netzausbau auch zukünftig den Anforderungen des EE-Zubaus hinterherlaufen. Die Anzahl und der Umfang der Engpässe werden in den kommenden Jahren in Deutschland deutlich ansteigen. Damit kommt dem Netzausbau eine sehr hohe Bedeutung zu. Zusätzlich können lastseitige Flexibilitäten Kosten für das Engpassmanagement reduzieren und die Systemsicherheit erhöhen. Allerdings haben Netzbetreiber heute nur sehr begrenzte Möglichkeiten, diese zu nutzen.

Auf Basis der Bewertung eines breiten Spektrums von Instrumenten erfolgt in diesem Beitrag eine Auswahl, Konkretisierung und erste mögliche Operationalisierung von Ansätzen zur Nutzung von Flexibilität in der Hoch- und Mittelspannung. Der Vorschlag enthält drei Bausteine, die komplementär ineinandergreifen und bedarfsgerecht durch Netzbetreiber eingesetzt werden können, aber nicht müssen:

  1. Komplementärer marktbasierter Redispatch: Die bisherigen Redispatch 2.0-Prozesse werden im Rahmen eines „Hybrid-Modells“ um das freiwillige Angebot lastseitiger Flexibilitäten erweitert. Damit besteht das Potenzial, drohende Engpässe mit allen effizienten Mitteln aufzulösen. Dabei ist die vorrangige Umsetzung des Redispatch 2.0 und die Anschlussfähigkeit des komplementären marktbasierten Redispatch unabdingbar.
  2. Überprüfung der Netztarife: Netztarife dürfen einer Aktivierung von Flexibilität nicht entgegenstehen. Eine Entwicklung oder Weiterentwicklung engpassorientierter Tarife, beispielsweise indem Netzbetreiber Zeiträume mit Netzengpässen prognostizieren und einen finanziellen Anreiz (sowohl positiv als auch negativ) für Verbraucher in Hoch und Mittelspannung kommunizieren, kann helfen, Stromverbrauch in entsprechende Zeiträume zu verlagern. In den Fahrplänen würden damit absehbare Netzengpässe bereits berücksichtigt.
  3. Standortanreize: Anreize für eine Ansiedlung an netzentlastenden Standorten. Damit wird nachfrageseitige Flexibilität am richtigen Ort angereizt.

Das E-Bridge-Papier ist unter https://www.bdew.de/media/documents/E-Studie_E-Bridge_fur_BDEW_Flexibilitat_bei_Netzbetreibern.pdf zu finden, das gesamte BDEW-Marktdesign unter https://www.bdew.de/energie/ein-langfristiges-marktdesign-fuer-deutschland/.

Ihr Ansprechpartner

Dr. Christian Kraemer
Principal Consultant